Überlingen, im Januar 2015
Liebe Mitglieder, liebe Freunde, liebe Schulgemeinde
"Gott schütze Euch! Ich habe keine Worte!!! Wie bin ich glücklich! Wahrscheinlich singen und trompeten jetzt alle Engel, so froh bin ich!"
Es ist Lena Sergejewa, die Direktorin der , die so jubiliert. Die Finanzierungslast für die vom Staat verlangte neue Schulküche wurde von ihren Schultern genommen. Der Verein WiR konnte 20.000 Euro dazugeben, die wir schon vor vier Jahren für einen Umzug oder Umbau zurückgelegt hatten. Das reichte aber nicht, und so legte der Verein nochmals die gleiche Summe drauf. Danke, !
"Die Küche ist wunderbar, und in der Schule riecht es nicht mehr nach Essen, weil wir jetzt eine Entlüftung haben!"
Zu Beginn des Schuljahres wurde die neue Küche mit einem Fest eingeweiht:
Und es gibt noch mehr gute Nachrichten. Für die zukünftige 1. Klasse sind 20 Kinder angemeldet, mehr denn je, und das heißt, dass die Schule wächst und an Ansehen und Bekanntheit gewinnt. Einen unschätzbaren Beitrag dazu hat Warwara Tschachotina geleistet (vor ihrer Pensionierung Russischlehrerin an der ), die seit vielen Jahren die Schule intensiv betreut, den weniger erfahrenen Lehrern zur Seite steht und mit dem Kollegium und den Eltern methodisch und pädagogisch arbeitet.
Mit dem Wachstum wird es allerdings auch räumlich eng. Wenn es nicht gelingt, "irgendwie" einen neuen Raum zu schaffen durch Anbauen und Umbauen, muss es im nächsten Jahr als Notlösung Schichtunterricht geben. Wenigstens ist die Gefahr eines Rausschmisses für die nächsten Jahre gebannt: Stadt und Schule haben endlich nach fünf Jahren des Bangens einen Nutzungsvertrag bis 2029 unterzeichnet! Hurra, möge der Vertrag halten! Möglich wurde das offenbar nur, weil ein Schulvater Abgeordneter ist...
Ein Sprung nach Norden in das Dorf Stavotino bei St. Petersburg ("bei" heißt in Russland 180 km entfernt). Hier, in einem nahezu verlassenen Dorf, das noch von ein paar alten Leuten mit einigen Ziegen und Hühnern bewohnt wird, hat Irina Beljakowa mir ihrem Mann Kolja vor 14 Jahren eine gegründet. Sie mietete das leerstehende Klubhaus (wir würden Dorfgemeinschaftshaus sagen) – außer der verfallenden Schule das einzige steinerne Gebäude im Dorf – und machte es notdürftig für den Sommer bewohnbar.
Mit unfassbarer Energie bewirtschaftet sie seither drei Hektar Land, verkauft die Produkte in Petersburg, organisiert Seminare, arbeitet in den Sommerferien mit Kindern ("Die russischen Kinder haben den Kontakt zur Erde verloren", sagt sie), hält Vorträge, schlägt die Werbetrommel, übersetzt und vertreibt den Aussaatkalender von Maria Thun und stürzt sich unglaublich hartnäckig und furchtlos in den Behördendschungel. Endlich wird sie wahrgenommen! Ein neuer Bioladen in Petersburg vermarktet die Produkte aus Stavotino und bietet Raum für Vorträge und Seminare. Denn: "Aufklärung ist das wichtigste", sagt Irina. Der größte Sieg aber ist, dass die Initiative in das Dorfentwicklungsprogramm aufgenommen wurde und dass es nun finanzielle Hilfe geben soll. Und tatsächlich erhielt das Klubhaus im September neue Fenster auf Staatskosten! Sanierung des Dachs und der Elektrik sind zugesagt, aber... "schauen wir mal, was aus den Versprechungen wird", heißt es vorsichtigerweise.
Die Banja, also das Badehäuschen, das der Verein WiR vor drei Jahren finanziert hat, erlaubt nun größere Seminarveranstaltungen. Im September kamen für eine Woche 25 Interessierte zusammen und waren begeistert von den Vorträgen Michael Hertels. Im Juni konnten Irina und Kolja endlich einen gebrauchten Kombi kaufen für sagenhaft teure 15.000 Euro. Ein Transporter war nicht drin; denn die Preise für Gebrauchtwagen sind irreal, und auf die Einfuhr aus EU-Ländern werden solche Zölle draufgeschlagen, dass man's gleich bleiben lässt (übrigens will die EU Russland deshalb vor die Welthandelsorganisation WTO bringen). Zwei Drittel des Kaufpreises kamen von der , 5.000 Euro vom Verein WiR. Der Hilferuf im "Blättle" erbrachte 700 Euro, und wir danken allen Spendern!
"Ihr ahnt ja nicht, wie sehr uns das neue Auto hilft! Wir können schneller und mehr schaffen. Oft und oft denken Kolja und ich in Dankbarkeit an Euch!"
Vom hohen Norden in den Süden Russlands nach Woronesch, wo sich der Reigen erfreulicher Veränderungen fortsetzen lässt: "Das vergangene Jahr 2014 erwies sich als immens wichtig in der Geschichte der Woronescher Waldorfschule – wir haben ein eigenes Gebäude gekauft. Die Schule hat endlich einen physischen Körper erhalten und das auch dank Ihrer Hilfe und der Hilfe aller Mitarbeiter Ihres Vereins. DANKE!" So schreiben Svetlana Kucevalova, die Direktorin der , und Anastasija Eliseeva, die Tochter der dortigen Schulgründerin.
Eingangshalle der Schule "Raduga"
Der Verein WiR konnte zum erfolgreichen Erwerb der Schule 15.000 Euro beisteuern. Nach Jahren der Odyssee mit unzähligen Umzügen ist die Schulgemeinschaft "Raduga" im Sommer 2014 in ein Gebäude ca. vier Kilometer außerhalb der Stadt eingezogen. Mit großem Aufwand wurde schon während der Ferien mit der Gestaltung der Inneneinrichtung begonnen.
"Die Schule wird ständig gemütlicher und mit Leben erfüllt. Schon im September schmückten sie Werke, die in der Projektwoche, mit der wir das Schuljahr begannen, entstanden sind: Tafeln, Bänke, Kleiderhaken, Lampen, eine gefilzte Uhr und vieles mehr. Unsere Eltern, die Lehrer, Freunde und, was uns am meisten freut, auch ehemalige Schüler verschönern die Schule. Zu Weihnachten hatte sie sich wunderbar verwandelt."
Gefilzte Uhr: Metamorphose des Schmetterlings (3 x 3 m)
Probleme und zu bewältigende Aufgaben gibt es in dieser Situation zuhauf. Besonders der schwierige und teure Transport der Kinder zur Schule lastet schwer auf der Schulgemeinschaft. Die neue Schule hat einen riesigen Sportsaal, der teilweise auch schon vermietet wird, aber noch keinen - dringend benötigten - Theatersaal. Auch bauliche Maßnahmen, um den strengen Auflagen russischer Behörden zu genügen, stehen an.
Andererseits spüren unsere Freunde dort das freiere und sinnerfüllte, neue Arbeiten: "Mit einem Wort, vor uns liegen riesige Aufgaben, aber es gibt auch nicht wenig Grund für Enthusiasmus. Wieder und wieder möchten wir sagen, dass diese seelische Kraft, welche in schwierigen Situationen für uns unerlässlich ist, in vielem mit Ihnen, unseren lieben Freunden und Helfern, verbunden ist. Wir wünschen uns sehr, dass diese Unterstützung, die Sie leisten, zu Ihnen zurückkehre und Sie beflügle mit Energie und Kreativität. Noch einmal Danke."
Unendliche Mühen, Kämpfe, Hoffnungen, Rückschläge, Niederlagen, neue Anläufe – das ist der Alltag der Russen (und besonders der Russinnen), die sich, frei von allen Nationalismen, für ein liebevolles Miteinander auf unserer kostbaren Erde einsetzen. Einen langen Atem und eine unerschütterliche Überzeugung brauchen sie, um nicht zu resignieren, und - sie brauchen unsere Ermutigung. "Ihr und der Verein seid ein Licht auf unserem Weg durch die Dunkelheit in all diesen Schwierigkeiten!" schreibt Lena Sergejewa. Und wir sind dankbar, dass wir immer wieder einen Lichtstrahl aussenden können. Sie alle, liebe Mitglieder, Freunde, Unterstützer und Helfer machen das erst möglich: Sie sind der Lichtstrahl!
Dafür danken wir Ihnen von Herzen und wünschen Ihnen ein gutes und lichtvolles Jahr 2015!
Mit herzlichen Grüßen
Thea Hepting Bernd Strobel Bärbel Frömter