Hach, können die Russen schön feiern! Am vergangenen Samstag rauschte der Festakt zum 20sten Geburtstag der WS Jaroslawl über die Bühne, und wir durften mitfeiern und wurden mitgefeiert. Schon die Kulisse war imposant: Prachtvoller sowjetischer Bau ("Kulturpalast der Eisenbahnarbeiter"), majestätisches Foyer, geschwungene Marmortreppen, Vorhangdraperien, beschwingte Musik vom Konzertflügel, großzügiger Saal mit rotsamtenen Sesseln – und dann ein mitreißendes, bewegendes Programm zu Ehren der WS Jaroslawl, auf die Beine gestellt von Schülern, Lehrern, Eltern, Ehemaligen und Freunden.
Wir konnten nicht mehr mitzählen, wie viele Nummern über die Bühne wirbelten: Volkstanz, Tango, Blockflötenensemble, Gitarrenduo, Chöre, Gedichte, Eurythmie, Ausdruckstanz, zwei Kurzfilme, Sologesang, zwischendurch ein paar Rätsel für die Kleinen – alles souverän und entspannt moderiert von einem ehemaligen Schüler. Und dann Blumen, Geschenke, Applaus, Tränen der Rührung, Lachen… Keine langatmigen Reden folterten, obwohl alle zu Wort kamen: die Eltern, die Schüler, die deutschen Freunde aus Kassel und Überlingen und die ehemaligen Schüler. Drei nahezu komplette Klassen von Ehemaligen kamen nacheinander auf die Bühne, z.T. mit kleinen Kindern auf dem Arm und an der Hand, und bedankten sich bei ihren Lehrern für die wunderbare Schulzeit: "Und natürlich werden unsere Kinder auch auf die Waldorfschule gehen!" Freude und Dankbarkeit bewegte die Menschen auf der Bühne und im Saal. Als Galina Wolkowa auf der Filmleinwand erschien, spürten viele ihre Anwesenheit und weinten.
Zwei Tage zuvor hatte die Schule zu mehreren Veranstaltungen eingeladen: Zu Vortrag und Gesprächsrunde mit , zu Vorträgen und Workshops an der Pädagogischen Universität und zu einem Tag der offenen Tür mit offenem Unterricht. Bei der Abschlussrunde meldeten sich sechs "schulfremde" Pädagoginnen zu Wort – alle beeindruckt, einige geradezu atemlos begeistert, darunter eine Dozentin für Pädagogik. Und was hat sie so begeistert? Die Fröhlichkeit und das Interesse der Kinder, die zwang- und druckfreie Atmosphäre, die Lebendigkeit, die ungeahnten Methoden (Klopfen und Stampfen beim Rechnen!?!) und vor allem – ungläubiges Kopfschütteln, versonnener Blick – die liebevolle Verbundenheit von Lehrern und Schülern. "Das brauchen wir, wir wollen mehr davon, macht Seminare, wir kommen!" war das Fazit.
Vor zehn Monaten hat der Tod Galina Wolkowa aus dem Zentrum der Schule gerissen. Der Schlag hat Eltern und Lehrer aufgerüttelt und zu einer tatkräftigen, entschlossenen Gemeinschaft zusammengeschmiedet mit dem gemeinsamen Ziel: "Unsere Schule wird weiter leben und wachsen." Dieses fraglose Miteinander, diese liebevolle Verbundenheit war der stärkste Eindruck unserer Reise.
Wir danken der , daß wir mit einem prächtigen Blumenkorb, einer Grußkarte vom Kollegium und einem üppigen Scheck zu diesem herzbewegenden Geburtstag gratulieren durften. Bolschoe spasibo und herzliche Grüße!
Elena Bockemühl und Bärbel Frömter