Sehnsucht nach Engeln

Eine Reise nach Russland mit im September 2008

Schon die ersten Eindrücke nach der Landung in Moskau sind gegensätzlich. Wir werden mit dem PKW abgeholt - rush hour. Rasender und stockender Verkehr im Wechsel durch großstädtische Betonwüste, dann auf schnurgerader Trasse durch anscheinend menschenleere Wälder. Ab und zu bunte Holzhäuschen, Plattenbauten. Donnernder Verkehr in beide Richtungen. Und dann plötzlich eine fern leuchtende Vision im Abendlicht: eine Kirche mit strahlenden Goldkuppeln in entrückter Stille. Doch schon hat ein dröhnender Lastwagen die Erscheinung verschluckt, und sie versinkt in den Wäldern.

Jaroslawl

Wie eine Oase liegt die Waldorfschule mit ihrem großen Spielplatz inmitten grauer Plattenbauten. Der Empfang ist überwältigend warmherzig. Hier weiß jeder von Jana Haas, und jeder kennt den Verein WiR. Die Veranstaltungen sind überfüllt. Nach dem vierstündigen Engelworkshop ist jede Teilnehmerin (es sind fast nur Frauen) in der Lage, ihren Engel zu sehen. "Das gibt's in Deutschland nicht!" sagt Jana Haas. "Da brauchen die Menschen mindestens eine Woche Unterricht, und dann zweifeln sie noch an dem, was sie sehen!" Hier sind keine Zweifel, kein Misstrauen, nur wissbegierige, weit geöffnete Herzen. "Eigentlich wissen wir das alles", sagt eine Zuhörerin, "aber wir trauen uns nicht. Wir wurden immer unterdrückt, und jetzt sollen wir uns plötzlich selbst entscheiden. Das müssen wir erst lernen!" Jana Haas bestätigt das. Die Russen sind näher an der spirituellen Dimension als wir Westeuropäer, bei denen alles über den Kopf geht. Dafür sind wir geübter in Freiheit und Selbstbestimmung.

Vor der Weiterreise machen wir einen Ausflug zu einer unscheinbaren Kirche mit einer wundertätigen Marienikone. Jana ist überwältigt. Noch nie hat sie so starke Marien- und Erzengelkräfte erlebt wie an diesem abgelegenen Ort. "Warum macht ihr hier so einen mächtigen Aufwand, wo doch so wenige herkommen?" fragt sie. "Wir halten die Energie, bis sie gebraucht wird!" "Und wann wird das sein?" "Bald ..."

Nach 70-jähriger Unterdrückung des religiösen Lebens durch den Kommunismus ist das Verlangen nach Spiritualität groß. Die Menschen (auch junge) stehen beim Gottesdienst Schlange, um eine heilige Ikone oder die Hand des Priesters zu küssen - für uns eher befremdlich. Aber die Engel sind da, weil die Gläubigen in tiefer Ehrfurcht und inniger Andacht kommen. Das 100-fach wiederholte "Gospodi pomilui" (Herr, erbarme dich), vielstimmig an- und abschwellend gesungen, geflüstert gemurmelt, erfleht, dringt jedem Hörenden tief schauernd ins Herz.

Nicht alle Suchenden wenden sich der zu politischem Machtbewusstsein erwachten russisch-orthodoxen Kirche zu, sondern binden sich an fragwürdige und z.T. fanatische Sekten. Deshalb sind gerade die Nachdenklichen reserviert bis ablehnend gegenüber "Hellsichtigen" und "Heilern", von denen es wimmelt. Auch Jana Haas bekommt dieses Misstrauen zu spüren, als wir Jaroslawl verlassen haben.

St. Petersburg

Das "Venedig des Nordens", eine glanzvolle, kultivierte Achtmillionenstadt, die Peter der Große 1703 buchstäblich aus dem Sumpf stampfte. Palast reiht sich an Palast, Schönheit ringsum - auf den ersten Blick. Dem zweiten Blick zeigen sich dann verkommene Hinterhöfe, Bettler, Betrunkene, Armut. Beeindruckend der dunkle Lindwurm aus Menschenleibern, der sich zu Stoßzeiten durch die labyrinthischen Gänge der Metro wälzt, beeindruckend auch unsere schäbige Wohnung in einem Prachtbau, wo Treppenhauslicht, Lift und Klospülung nicht funktionieren.

In der Waldorfschule wird Jana Haas kühl-höflich empfangen - schon wieder so eine Hellsichtige. Doch schon beim ersten Vortrag öffnen sich die Herzen. Eine Frau fragt stockend, ob es wahr sei, dass bald die Welt untergehe? Ein in ganz Russland bekannter Sektenführer behaupte das. Jana hält inne, lauscht und antwortet heiter: "Die Engel, die hier sind, sagen: Ach, davon haben wir ja noch gar nichts mitgekriegt!" Der ganze Saal lacht erleichtert auf. Auch hier sind die Menschen dicht an der Hellsichtigkeit dran, und am Ende des Workshops sieht jeder seinen Engel. Die Hälfte der Russen ist eigentlich hellsichtig, schätzt Jana, sie haben alle Möglichkeiten dazu. Warum haben sie solche Angst davor? Diese Frage bewegt uns, während uns der Nachtzug nach Moskau trägt.

Moskau

Die größte (14 Millionen), reichste und teuerste Stadt Russlands. "Das ist nicht Russland", sagen die Nicht-Moskauer neidvoll-geringschätzig. Hier wird regiert, nach Geld gejagt, Altes abgerissen, Neues aufgebaut, Macht und Glanz demonstriert. Gerade dieser gewaltige Materialismus zeigt jedoch, dass Moskau ein mächtiger Kraftort ist. Die Engel warten nur darauf, dass die Menschen ihren Segen annehmen!

Die Waldorfschule wirkt wie ein Schuhkarton auf einer kleinen Wiese, die von gigantischen Wohnsilos umragt wird. Und doch ist hier ein gesegneter Ort, der auf die Umgebung ausstrahlt. Sogar der nicht hellsichtige Besucher fühlt die wohltuende und beruhigende Atmosphäre in den liebevoll gestalteten Räumen. Auch hier zunächst Misstrauen, dann Begeisterung. Zum Workshop mit Engelbotschaften kommen 100 Menschen mit ihren Kindern, eine kaum zu bewältigende Aufgabe. Doch Jana meistert sie. Kraft gibt ihr der Anblick eines Dreijährigen auf dem Schoß der Mutter: Seine Aura leuchtet in hellgrünem Christuslicht. "Ich habe nicht geglaubt, dass ich das je sehen werde", sagt Jana später, "das ist die Aura des zukünftigen Menschen!"

Der zukünftige Mensch, der sich seiner Zugehörigkeit zur lichtvollen geistigen Welt bewusst ist - für diesen Menschen arbeitet Jana Haas, wo immer sie ist. Viele Russen trennt nur eine dünne Wand von der Engelwelt. Jana Haas hat ihnen Mut gemacht, diese Wand zu durchstoßen und ihr Herz vertrauensvoll den Engeln zu öffnen. Denn in den starken Herzenskräften liegt die Zukunft Russlands.

Als das Flugzeug sanft auf deutschem Boden aufsetzt, wissen wir: Wir waren nicht zum letzten Mal in diesem spannenden Land der Gegensätze, das seine spirituelle Mitte sucht.

 

Ein Dankesbrief aus Jaroslawl:
Euer Besuch war etwas Großes und Kostbares. Wir fühlen uns wie von wunderbaren Blumen umgeben, die in Zukunft Früchte tragen. Dank sei den Engeln und euch Menschen für das Geschenk von Schönheit, Liebe, Licht und Lebenskraft!