Jahresrückblick 2008

Überlingen, im Februar 2009

Liebe Mitglieder und Freunde,

"Am 20. Juli gab es allen Grund zu Freude! Viele Gäste aus nah und fern waren gekommen, um das siebenjährige Bestehen des WiR-Vereins zu feiern Am Frühlingsanfang 2001 wurde der Keim zu dieser Unternehmung durch acht Mitglieder gelegt. Inzwischen ist der Verein gediehen und gewachsen und zählt heute 50 Mitstreiter, die in vielfältigster Art engagiert sind. Neben den Spenden, Mitgliedsbeiträgen und Verkaufserlösen, die in Gänze russischen Waldorfschulen in Jaroslawl und Woronesch zugute kommen, sind es aber vor allem die intensiven, freundschaftlichen Beziehungen, die eine unmittelbare Verbindung schaffen.

Die Wiedersehensfreude der Geburtstagsgäste war ebenso beeindruckend wie die Schilderung der in Russland lebenden Waldorflehrer. Russland war nah: der Zauber, der innere Reichtum, die Kraft und Herzlichkeit; das Ringen und die Anforderungen der Lebenswirklichkeit. Russland ist nah durch den entschiedenen Willen zu Zusammenarbeit und das Erlebnis der gegenseitigen Bereicherung, die daraus erwächst - fernab von jeglichem politischen Getöse.

WiR - eine wertvolle und engagierte Initiative, die in die Zukunft weist. HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH! Für die Schulgemeinschaft
Martine Spöhrer"

(Vorstandsmitglied der FWS Rengoldshausen)

Diesen erfreulichen Bericht, erschienen in den "Mitteilungen", wollen wir Ihnen nicht vorenthalten. Was wir außer Feiern sonst noch zustande gebracht haben, lesen Sie im Folgenden.

Der Verein hat bei 14 Veranstaltungen seinen Verkaufsstand aufgebaut, mal mehr, mal weniger erfolgreich. Dankbar sind wir wieder für die acht Vorträge von , ohne die unsere Kasse merklich leerer wäre. Dankbar sind wir auch der , die uns im Schulgebäude und in den "Mitteilungen" Platz einräumt. Dass das nicht selbstverständlich ist, mussten wir beim Basar schmerzhaft erfahren: Der Physiksaal wurde anderweitig belegt, und so gab es kein russisches Restaurant. Dass es etwas Einmaliges ist, wenn russische Schüler und Mütter eigens anreisen, um für ihre "deutschen Freunde", denn so nennen sie uns, zu kochen, zu tanzen und zu singen, ist der Schulgemeinschaft offensichtlich nicht bewusst. Unser Wunsch, diese russische Restaurant als festen Bestandteil des Basars zu etablieren, scheint unbescheiden und utopisch zu sein. Dabei unterstützen wir die Partnerschule... Das Restaurant hat also gefehlt, aber die gebrannten Mandeln und die beiden Verkaufsstände fanden sich an der gewohnten Stelle. Erfreulicherweise eröffnete Isabella Simonian auch wieder ihre beliebte Schmuckwerkstatt. Dank sei allen Mitwirkenden!

Im September nahm Jana Haas eine dreiwöchige Reisestrapaze auf sich, um in Jaroslawl, St. Petersburg und Moskau Vorträge und Seminare zu halten. Sie wurde von den beiden Vereinsmitgliedern Nora Müller und Bärbel Frömter begleitet, da die Reise auf eine Anregung von WiR zurückging (sämtliche Kosten wurden privat bezahlt). Mit uns fuhr auch ein pensionierter Klassen- und Werklehrer aus Reutlingen, Michael Kampermann, um für die 7. und 8. Klasse eine Werkepoche zu geben. Wir erinnern: Im Jahr zuvor konnte die WS Jaroslawl dank der Johanna-Joos-Stiftung endlich einen Werkraum einrichten. Michael Kampermann führte in die Kunst des Kupfertreibens ein, das nun fester Bestandteil des Lehrplans werden kann. Im November haben Sie einen Kurzbericht über diese Reise erhalten, und wir freuen uns, dass auf Veranlassung von Jana Haas in der Märzausgabe der Zeitschrift "Engelmagazin" ein Bericht erscheinen wird, ebenso im regionalen Kulturblatt "Die Welle".

Bei unserer Reise konnten wir wieder erleben, wie unerträglich aus unserer Sicht die Wohnsituation mancher Lehrer ist. Die Klassenlehrerin Lena wohnt mit Mann und zwei halbwüchsigen Kindern in einer Einzimmerwohnung; die junge Familie des Eurythmielehrers konnte nur eine Wohnung für 300 Euro pro Monat finden (Gehalt: 200 Euro), so dass die Schule die Miete bezahlen muss, usw. Die einzige dauerhafte Hilfe ist hier, nicht die Löcher zu stopfen, sondern Wohneigentum für die Schule bzw. Lehrer zu schaffen. Die Johanna-Joos-Stiftung hat zu diesem Zweck 15.000 Euro zur Verfügung gestellt, was wir mit großer Dankbarkeit als Grundstock und gutes Omen nehmen. Man muss wissen, dass Grundstücks- und Wohnungspreise selbst in Jaroslawl irreal hoch sind, nämlich so hoch wie bei uns: Eine Zweizimmerwohnung in Randlage kostet derzeit ca. 120.000 Euro, und das bei einem Durchschnittsverdienst von etwa 200 Euro im Monat.

Liebe Freunde, auch wir hier haben Zukunftssorgen und -ängste. Und doch geht es uns unvergleichlich viel besser als der Masse der "kleinen Leute" in Russland, die mit einer Inflationsrate von 12% irgendwie überleben müssen. Seltsam und unerklärlich ist, dass Russland aus dem deutschen Bewusstsein zu verschwinden scheint. Weil wir uns nicht mehr bedroht fühlen? Weil es die superreichen Russen gibt (2-3% der Bevölkerung), die gefälligst selber die Armut abschaffen sollen? Sogar der hat in seinem auf 48 Seiten nicht ein einziges Wort für russische Schulen übrig. Selbst im Beitrag der (O=Osteuropa!) ist dieses Land nicht existent, dafür Polen, Ungarn, Tschechien und die Ukraine. Irgendwie scheinen wir unseren großen Nachbarn aus dem Blick verloren zu haben.

Aber es gibt sie, die russischen Schulen, und sie arbeiten mit leidenschaftlicher Anstrengung. Eine gleichgültige, willkürliche Bürokratie, ein am freien Schulwesen desinteressierter Staat und die galoppierende Verteuerung des täglichen Lebens sind die mühseligen Hürden auf dem Entwicklungsweg der russischen Waldorfschulen. Wir wollen sie auf diesem beschwerlichen Weg nicht allein lassen.

Nun noch einige handfeste Zahlen. Im Jahr 2008 haben erhalten: die WS Jaroslawl 14.400 Euro, die WS Woronesch 10.000 Euro, die landwirtschaftlich-pädagogische Initiative 5.000 Euro.

Für Auszüge aus den Dankesbriefen reicht der Platz nicht, aber Sie werden es uns auch so glauben, dass die Wärme und Dankbarkeit zu Herzen gehen.

Noch eine frohe Botschaft: Dank der peniblen Kassenführung durch Heidi Gonschorek attestierte das Finanzamt nach ausgiebiger Prüfung dem Verein WiR weiterhin die Gemeinnützigkeit, Steuerfreiheit und Berechtigung, Spendenbescheinigungen auszustellen. Letzteres tun wir mit dem größten Vergnügen!

Seien Sie alle mit guten Wünschen und in Dankbarkeit gegrüßt von

Elena Bockemühl Sergej Bojkov Bärbel Frömter